André Tempel: MENU A, MENU B, 2021, Foto: Anja Schneider

Dresden

Die Kunst macht es vor – Revitalisierung eines Industriebaus

Vier ausgewählte Dresdner Künstler und Künstlerinnen bespielen bis zum 6. Juni 2021 temporär die Außenfassade der robotron-Kantine im Dresdner Zentrum.

Am 10. April 2021 startete mit André Tempel die erste Etappe des Projektes Prelude Nordost Südwest des Kunsthaus Dresden. Dabei verhüllte der Dresdner Künstler im Rahmen seiner Intervention MENU A, MENU B die ehemalige Kantine mit Stretchfolien. Die grafischen Muster verwandelten den nicht-denkmalgeschützten Industriebau in eine spektakuläre Kunstinstallation.

Die Außengestaltung der robotron-Kantine ist das künstlerische Vorspiel zu einer internationalen Ausstellung, die 2022 in Dresden stattfinden soll. Aller zwei Wochen entsteht eine weitere künstlerische Arbeit an dem Industriebau; im Mai sind alle Werke gleichzeitig und kostenfrei unter freiem Himmel zu sehen. Die nächsten Etappen des Projektes werden Installationen von Ina Weise und Henning Haupt sowie eine Performance der Künstlerin Stephanie Lüning am 13. Mai 2021 sein. Die künstlerische Inszenierung der Außenfassade widersetzt sich damit dem fortschreitenden Vandalismus an dem seit Jahren leerstehenden Gebäude. 

Der robotron-Campus ist eine charakteristische Planung des Bauschaffens der 1960er und 1970er Jahre und ein für die Identität der Stadt Dresden wichtiger Bau der Ostmoderne, denn dort befand sich das Zentrum der Informationstechnologie der DDR. Die Betriebsgaststätte des Campus hatte mit zwei großen Speisesälen Platz für bis zu 800 robotron-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Nach der Wende wurde die Kantine vielfältig genutzt als Diskothek, Yoga-Studio und Probebühne der Semperoper. Seit 2016 steht das Gebäude leer. Die Idee seiner Revitalisierung anstelle eines Abrisses wurde vom Wir Gestalten Dresden e.V. und Netzwerk Ostmordern vorangetrieben. 2019 wurde die Zustimmung des Dresdner Stadtrates für den Erhalt der robotron-Kantine erwirkt. Im selben Jahr veröffentlichte die Stadt Dresden eine Ausschreibung für ein Nutzungs- und Betreiberkonzept.

Daran beteiligte sich unter anderem das Kunsthaus Dresden, das in der ehemaligen robotron-Kantine gern eine neue Heimat finden würde. Das Gebäude soll ein dauerhafter Ort für Kunst im Herzen Dresdens werden und zum kreativen Austausch einladen. Ihre Vision einer Gebäuderevitalisierung beschreibt Christiane Mennicke-Schwarz, Leiterin des Kunsthaus Dresden, so:

„Die ehemalige Kantine des VEB robotron mit ihrer umlaufenden Terrasse und ihrer auf Funktionalität angelegten Transparenz ist ein eleganter Solitär, typisch für die Offenheit der Nachkriegsmoderne. In unmittelbarer Nachbarschaft des Hygienemuseums, besteht in diesem großzügigen Bau mit seinen zwei Sälen, an dessen Gestaltung mit Friedrich Kracht und Eberhard Wolf Künstler beteiligt waren, die ideale Möglichkeit, ein wichtiges Kapitel der Dresdner Architektur- und Kunstgeschichte räumlich zu erleben, diese mit der lebendigen Gegenwartskunst zu verbinden und für ein breites, diverses Publikum der Stadtgesellschaft zu öffnen. Anders als der gegenwärtige Standort des Kunsthauses, bietet die Kantine den erforderlichen Raum für die Beteiligung von Menschen unterschiedlicher Generationen und einen lebendigen Austausch zwischen Akteuren und Akteurinnen der Kultur, der Stadtgesellschaft im Ganzen und natürlich auch für ein junges, aufgeschlossenes Publikum in der Region und weit darüber hinaus.“

Auch die Bausubstanzerhaltung und der Gedanke der Nachhaltigkeit spielen für die Kunsthausleiterin eine wichtige Rolle.

„Die Kantine bietet mit ihrer einmaligen stadträumlichen Lage und ihrer historischen Bausubstanz für eine kulturelle Nutzung ein Potential, das in kaum einer Innenstadtlage in einer europäischen Stadt mehr zu finden ist. Das Gebäude eignet sich auf hervorragende Weise, um in einer nachhaltigen Nachnutzung durch behutsames, zeitgemäßes Upcycling der Bausubstanz, die reich an kulturhistorischen Bezügen der letzten Jahrzehnte ist, einen optimal gelegenen neuen Standort für zeitgemäße Kulturarbeit zu erschließen. Zugleich entsteht ringsherum ein neuer Stadtteil und damit die einmalige Chance für Dresden, ein innovatives – junges, diverses und der Welt zugewandtes - kulturelles Gesicht zu zeigen.“

Weitere Informationen zu aktuellen Ausstellungen und zum Programm gibt es >>hier.

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